Mehr zur Kindermonstranz

Fritz Schwerdt Farbige Monstranz 1955
Fritz Schwerdt. Entwurf
Farbige Monstranz

Die auffallend knallige und gar nicht klassische Farbigkeit (siehe Originalentwurf als Aquarell; handschriftlich datiert auf den 1.5.1955) war von Schwerdt bewusst gewählt worden: die Monstranz ging an die Kapelle eines Kinderheims (Caritas-Kinderheim Maria i.d. Drucht, Duisburg). Der Auftraggeber genehmigte den Entwurf ohne Zögern und war nach Auskunft von Zeitzeugen stolz auf die Monstranz.

Obwohl die Monstranz für ihre Zeit einen radikal neuen Typus darstellte und in Form und Farbe kein Vorbild hatte, gibt es bemerkenswerterweise nur eine ausführliche kunsthistorische Besprechung von 1955. Darin schrieb der Aachener Kunstinterpret Goerres, noch vor Fertigstellung der Arbeit:

Einen Anhalt für die Kühnheit dieser Form mag der Hinweis geben, dass sie für ein Kinderdorf in Deutschland bestimmt ist. (…) Stark rotes und blaues Emaille bilden den Grund. (…) Im Grundgefüge schwingt Frühe der Antike mit. Das Neuerlebnis der Primitive scheint mitverwebt, durchgedacht. Etwas Ursprüngliches, Elementares, fern aller Reflexion, etwas wie Neubeginn, vielleicht auch Uranfängliches springt uns entgegen.

Die Monstranz wurde mehrfach ausgestellt, allerdings nur einmal als Original, sonst als Farbfotografie. Der hier gezeigte Schnappschuss zeigt sie in einer Vitrine der Kölner Ausstellung die neue kirche, 1956. (Links und rechts noch zwei Schwerdt’sche Kelche.) Erwähnenswert: auf dieser Ausstellung wurde ebenfalls die Baummonstranz von Schwerdt im Original ausgestellt, und damit einmalig beide Schwerdt’sche Monstranzen nach dem Lebensbaummodell.

Die Monstranz verschwand im Zuge der Heimauflösung Mitte der 1980er Jahre spurlos und galt seitdem als verschollen. Im Dezember 2024 wurde sie in einem niederländischen Bistum wiederentdeckt und gehört seit 2025 wieder dem Duisburger Caritas-Verband.

Literatur (Auswahl):
GOERRES 1955B, WALLRAF 1956C, LEUVENS UNIVERSITAIR KUNSTCENTRUM 1958, DENNHÖFER 1958, RAPP 1959, MINKENBERG 2010, DOMKAPITEL AACHEN 2010
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Farbige Monstranz Rückseite 1955

Wie die hier gezeigte historische Farbfotografie von 1955 zeigt, gestaltete Fritz Schwerdt die Rückseite auffällig ähnlich zur Vorderseite. Dass die Rückseite überhaupt so entworfen wurde, ist in Fritz Schwerdts Werkkatalog eine Ausnahme, die selbst Fachleute erstaunte; in der Regel sind die Rückseiten nicht weiter gestaltet.

Wegen der Größe der Monstranz sowie ihres recht hohen Gewichts von ca. 6kg war die Monstranz nicht für Prozessionen geeignet und wurde nur stationär eingesetzt. Es gibt Hinweise von ehemaligen Caritas-Mitarbeitern, dass die Monstranz anfangs von den in dem Kinderheim tätigen Nonnen auch zur „ewigen Anbetung“ aufgestellt wurde – also permanent auf dem Altar mit einer Hostie stand. (Man vergleiche dazu auch die nachfolgend vorgestellte „Weiße Monstranz“, deren Rückseite nicht gestaltet ist.)

Weiße Monstranz 1957

Im Jahre 1957 fertigte Schwerdt für die von Rudolf Schwarz erbaute Heilig-Kreuz-Kirche in Bottrop eine variierte Zweitausführung der Kindermonstranz an. Diese „Weiße Monstranz“ ist in ihrer Form und ihren Maßen zu ihrem Vorbild identisch.

Hauptmerkmal der veränderten Gestaltung ist die Verwendung von transluzidem, also durchscheinendem Email. Das Silber der Monstranz scheint so hell durch und gibt der Monstranz die glanzvoll-helle, fast perlmuttartige Anmutung.

Zweites Bild: Ganz ohne Gestaltung kommt die Rückseite aus.

"Weiße Monstranz" 1957 Rückseite


Fotos: Fritz Schwerdt, Schmitter, Hugo Schnell/Schnell&Steiner, unbekannter Fotograf(2)